Geschichte
Vom roten Tuch zum Druckverfahren
Ursprünglich war die Rotfarb als reine Rotfärberei tätig. Erst in den letzten Jahren ihrer Existenz kam zusätzlich das Stoffdruckverfahren dazu.
Von Krapp bis Alizarin
Das Geheimnis des leuchtenden Rot (Türkisch Rot) kommt ursprünglich aus Indien. 1784 wurde die erste Türkischrotfarb eröffnet, und zwar im Drahtschmidli in Zürich. Türkischrot wird aus den Wurzeln des Krapps gewonnen, eines dem Waldmeister ähnlichen Labkrautgewächses. 17 verschiedene Arbeitsgänge in 7 bis 8 Wochen waren nötig, um die beste Färbqualität zu erreichen.
1870 gelang es, die Färberröte synthetisch (Alizarin) herzustellen. Dies war das Ende der traditionellen Türkischrotfärberei und des Krappanbaus.
Ein Jahrhundert Firmengeschichte
1833 wagte Johann Heinrich Sulzer-Steiner (1805 – 1876) das Abenteuer, eine Rotfärberei in Aadorf zu errichten. Das Gelände nahe der Kantonsgrenze eignete sich dank seiner Lage am Flüsschen Lützelmurg hervorragend.
Sein Sohn Heinrich Sulzer-Rieter (1830 – 1894) trat 1855 als Teilhaber ins väterliche Geschäft ein und machte sich daran, den Betrieb zu modernisieren.
Bereits im Jahr der Synthetisierung von Alizarin begann Heinrich Sulzer mit dieser neuen synthetischen Rotfarbe zu experimentieren. Innert zehn Jahren gelang es Sulzer, den ganzen Färbevorgang von 7 bis 8 auf 3 bis 4 Wochen zu verkürzen, was Kostensenkungen und, wie jede technische Erneuerung, leider auch Entlassungen zur Folge hatte.
Nebst einer Umstellung des Betriebes von der Krappfärberei auf den synthetisch hergestellten Rotfarbstoff Alizarin modernisierte er Gebäude und Maschinen. Die bis anhin produzierten leuchtend roten Uni-Türkischrottücher waren zum Bedrucken geeignet.
1868 wurde somit der Versuch gewagt, die Stoffe nicht nur zu färben, sondern auch mithilfe von Modeln zu bedrucken. Die so behandelten Tücher erhielten verschiedene internationale Auszeichnungen.
Aber der Konkurrenzkampf blieb nicht aus. Er wurde vor allem durch englische Grossbetriebe noch verstärkt, welche dazu übergegangen waren, die Stoffe mit Walzen zu bedrucken statt auf die herkömmliche Weise im Handdruckverfahren mit Modeln.
Die Muster und Ornamente stammten ursprünglich aus dem fernen Orient. Von dort gelangten diese nach England und Frankreich und wurden mit den Hugenotten in die Schweiz eingeführt.
Ironischerweise verdrängten einst die billigen europäischen Stoffdrucke das einheimische fernöstliche Schaffen, so wie heute die fernöstliche Billigware die hiesige Textilindustrie bedrängt. Der Konkurrenz der englischen Massenware fielen die meisten kleineren Schweizer Betriebe zum Opfer. Nur wer in Produktenischen flüchtete, konnte überleben: Spezialisten, die besonders schöne Modeldrucke anfertigten, wie sie nie mit der Walzen-Massenware zu erreichen waren.
Die Diversifikation zu den bedruckten Tüchern sicherte der Rotfarb das Überleben, in einer Zeit, da die reinen Krappfärbereien eingingen. Andererseits waren die von Sulzer erworbenen Druckmodel nicht mehr die neusten. Die Moden und Stile veränderten sich fortwährend. Diese Trends nach dem Allerneusten wollten die eher konservativen Färber und Drucker in Aadorf nicht mitmachen. Die politischen und wirtschaftlichen Wirren des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegszeit taten ein Übriges.
Arbeiterschaft der Rotfarb Aadorf, Gruppenbild von Photograph J. Juker, Herisau, ca. 1877
Rotfärberei Aadorf 1885 aus: Sulzer, Klaus: vom Zeugdruck zur Rotfärberei (Chronos 1991)
30er Jahre: Knecht von Marianne Sulzer, im Hintergrund der Hänkiturm.
Dazu kam, dass die drei Söhne von Heinrich Sulzer, die das Geschäft übernommen hatten, alle in relativ jungen Jahren verstarben: Heinrich (1861 – 1913), Friedrich Hugo (1865 – 1914) und Bruno Friedrich (1867 – 1921).
1921 wurde die Druckerei und 1922 die Färberei eingestellt. Die Firma Sulzer wurde liquidiert.
1936 erfolgte der Abbruch der Fabrikanlage.
Literaturhinweis
Nater, Johann: Geschichte von Aadorf und Umgebung (Huber 1898)
Knoepfli, Albert: Thurgauer Jahrbuch 1951 (Huber 1951)
Knoepfli, Albert: Geschichte von Aadorf (Huber 1987)
Sulzer, Klaus: Vom Zeugdruck zur Rotfärberei (Chronos 1991)